20 Jahre MARIENBORN

Janina Klinkhammer, Ressortleiterin PUK

Interviewpartnerin: Barbara Kreil, Staatlich geprüfte Gymnastiklehrerin im St. Elisabeth und MARIENBORN Fachklinik, Zülpich
 

Barbara Kreil ist seit über 20 Jahren für MARIENBORN tätig. Sie hat eine besondere Einstellung, die ihre tägliche Arbeit mit den Bewohnern und Patienten prägt. Für sie ist ihr Beruf nicht nur ein Job, sondern Berufung. Ich traf Barbara Kreil in der Mittagspause und führte nachfolgendes Interview mit ihr.
 

Was genau ist dein Aufgabenbereich bei MARIENBORN?

Ich arbeite in der Therapie. Am 01.12.1990 habe ich hier angefangen. Es gab nur eine Kollegin und mich. Wir betreuten Patienten in der Fachklinik, Klienten in der Behindertenhilfe und Bewohner im St. Elisabeth. Ambulanz und Tagesklinik gab es damals noch nicht. Das Team ist seither gewachsen und ich bin heute ausschließlich in der Klinik und im St. Elisabeth tätig.
 

Warum hast du dich damals für MARIENBORN entschieden?

Ich war in einem Fitnessstudio tätig, aber der Job langweilte mich. Durch den Wechsel zu MARIENBORN hatte ich die Möglichkeit, ein ganz neues Tätigkeitsfeld kennenzulernen. Natürlich musste ich mich erst in die unterschiedlichen Krankheitsbilder einarbeiten. Aber diese Vielfalt und die Abwechslung reizte mich. Hinzu kam der Aspekt der Sicherheit. Ich empfinde meinen Arbeitsplatz als sicher. Einerseits könnte das Gehalt besser sein, andererseits übe ich eine sinnvolle Tätigkeit aus.

Was zeichnet denn die Arbeit bei MARIENBORN aus?

Für mich liegt die Besonderheit in der Freiheit meines Handels. Natürlich sind die Therapieformen bedingt durch die Krankheitsbilder vorgegeben, aber wie ich die Stunden aufbaue und welche Übungen ich anwende, dies ist vollkommen mir überlassen. Durch die Veränderungen unserer Bewohner und Patienten entwickle auch ich mich weiter. So habe ich den Bereich der Tanztherapie entdeckt, welche mein Steckenpferd geworden ist.
 

Was genau ist deine Rolle bzw. Funktion als Therapeutin in den beiden Einrichtungen?

Ich sehe meine Rolle darin, unsere Bewohner und Patienten zu ermutigen und ihnen ganzheitlich zu helfen. Ich möchte mit meiner Arbeit dazu beitragen, dass durch Bewegung Spannungsfelder gelöst werden. Wenn ich es mit meiner Arbeit schaffe, dass die Patienten sich selbst reflektieren, ohne dass ich noch groß etwas dazu beitragen muss, dann ist dies eine große Befriedigung und mein Ziel ist erreicht. Oder wenn die Bewohner meinen Namen rufen, ohne mich zu sehen und zunächst nur meine Stimme hören und ich die Freude spüre. Das schafft Vertrauen. Mit meiner Arbeit kann ich Erinnerungen wecken und über die Musik können auch psychisch erkrankte Personen sehr gut Gefühle ausdrücken. Wenn die Augen leuchten, dann ist meine Rolle als Therapeutin erfüllt.
 

Wie würdest du junge Menschen bzw. Quereinsteiger für die Tätigkeit begeistern?

Wenn jemand den Umgang mit Menschen liebt, dann ist dieser Beruf genau das Richtige. Meine Patienten und Kunden sind zwischen 18 und 90 Jahre alt. Dieses generationsübergreifende Arbeiten macht den Reiz aus. Früher fand die Pflege und Betreuung zu Hause statt und wir erleben dies nun in einem anderen Setting. Der respektvolle Umgang, der teilweise schon in ein familiäres Miteinander übergeht, bringt mich in meiner Persönlichkeitsentwicklung enorm weiter.

Was war deine schönste Begegnung mit einem Bewohner oder Patienten?

Eine an einer Vorderlappendemenz erkrankte Patientin, welche bereits sehr jung betroffen war, haben wir in der Klinik sehr lange und sehr früh betreut. Mit fortschreitender Erkrankung wurden die wachen Momente dieser Patientin immer weniger, aber in einem wachen Moment hat sie mich in die Arme genommen und gedrückt.
 

Was macht die Arbeit bei MARIENBORN besonders?

Das Auffangnetz. Wenn ich es mit meiner Therapie schaffe, dass die Patienten sich öffnen und sich Dinge lösen, dann gibt es Kollegen, die das mit ihrer Expertise aufgreifen und den Patienten und Bewohner nicht alleine lassen. Ich bin kein Arzt oder Psychologe, aber ich weiß, dass diese übernehmen und für unsere Kun-den da sind. Trotzdem würde ich mir für die Zukunft noch ein besseres Miteinander wünschen. Gemeinsame Therapiebesprechungen mit allen Berufsgruppen oder auch die Vorstellung neuer Kollegen in allen Bereichen.
 

Was hat sich in den 20 Jahren verändert?

Früher war es alles etwas kleiner und intimer. Wir kannten uns alle und auch der Austausch zwischen den einzelnen Berufsgruppen war anders. Ich bemühe mich immer, über den Tellerrand zu schauen, und wenn ich sehe, dass irgendwo Hilfe benötigt wird, dann helfe ich, egal ob ein Bett bezogen oder Essen angereicht werden muss. Dies macht doch unsere Tätigkeit aus: füreinander da sein und mit Menschen arbeiten.

Würdest du dich heute wieder für den Weg entscheiden?

Ja – auf jeden Fall! Mir hat einmal ein Ressortleiter gesagt: „Was du auf der Arbeit machst, das können die meisten Menschen nur im Urlaub tun.“ Denn ich fahre Fahrrad, schwimme oder tanze. Natürlich ist da der Druck und die Verantwortung. Wenn jemand auf halber Strecke nicht mehr kann und dir der Zeitdruck für deine nächste Gruppe im Nacken sitzt, dann wird es mir schon mal etwas eng. Aber diese inhaltliche Freiheit liebe ich auf der anderen Seite. Heutzutage muss ich einräumen, dass ich die Arbeit mental anstrengender empfinde als die körperliche Anforderung. Dies hätte ich früher nicht gedacht. Die einzelnen Schicksale berühren mich sehr. Deshalb versuche ich auch, eine professionelle Distanz zu bewahren. Ich sieze alle meine Patienten und Bewohner - auch aus Selbstschutz. Aber ich freue mich, dass ich helfen kann, unterschiedliche Menschen ein Stück zu begleiten und ihnen zu helfen, den Weg zurück in den Alltag zu finden. Auch wenn dieser vielleicht anders aussieht als in der Vergangenheit.

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